Johannes-Passion in Hameln: Dreifach Haltung zeigen gegen Judenfeindlichkeit

Foto: Hamelner Kantorei

Wie gehen wir mit einem musikalischen Meisterwerk um, das antijüdische Inhalte beinhaltet? Diese Frage stand im Zentrum der dreiteiligen Veranstaltungsreihe rund um Johann Sebastian Bachs Johannes-Passion. Die Hamelner Kantorei präsentierte eine dreiteilige Veranstaltungsreihe „Dreifach gegen jede Form von Judenfeindlichkeit“. Durch das Zusammenspiel aus Aufklärung, Diskurs und Durchbrechung gelang eine Annäherung an das schwierige Thema, um ihm mit Haltung, Tiefe und Offenheit zu begegnen. 

Aufklärung: 

Am 26. März eröffnete Superintendent Dr. Stephan Vasel die Veranstaltungseihe mit einem Vortrag in der Marktkirche St. Nicolai. Unter dem Titel „Zwietracht im Volk“ – Die Juden im Johannesevangelium, in Bachs Johannes-Passion und die Frage: "Was machen wir heute damit?" beleuchtete er die Ursprünge antijüdischer Narrative im Johannesevangelium und deren Vertiefung in der musikalischen Umsetzung durch Bach. Vasels Vortrag war der Auftakt zu einer Veranstaltungsreihe, die sich nicht mit einfachen Antworten zufriedengibt, sondern auf Differenzierung und Kontext setzt.

Foto: Hamelner Kantorei

Diskurs:

Am 1. April folgte eine Podiumsdiskussion, die erneut viele Menschen in die Marktkirche lockte. Moderiert von Prof. Dr. Christoph Dahling-Sander (Hanns-Lilje-Stiftung), diskutierten Prof. Dr. Gerhard Wegner (Antisemitismusbeauftragter des Landes Niedersachsen), Dr. Adelheid Ruck-Schröder (Regionalbischöfin), Dr. Ulrike Offenberg (Rabbinerin der Jüdischen Gemeinde Hameln), Benjamin Dippel (Landeskirchenmusikdirektor) und Wolfgang Haendeler (Theaterdirektor Hameln). Die Diskussion war geprägt von Suchbewegungen, kritischen Rückfragen und kreativen Lösungsvorschlägen. Die Impulse reichten von einer kommentierten Aufführung über neue Textfassungen bis hin zu szenischen Reinterpretationen. Besonders eindrücklich war die klare Haltung: Die Johannes-Passion darf nicht mehr unkommentiert aufgeführt werden. Sie verlangt heute nach Kontextualisierung, Erläuterung – und manchmal auch nach Widerspruch.

 

Durchbrechung:

Den Abschluss bildeten am 5. und 6. April die Oratorienkonzerte zur Johannes-Passion in der Fassung von 1725. Unter der Leitung von Kirchenkreiskantor Stefan Vanselow musizierten die Hamelner Kantorei, Solistinnen und Solisten sowie das Ensemble Antico auf historischen Instrumenten. Besonders: An drei Stellen wurde die Musik unterbrochen – durch prägnante Zwischenrufe von Superintendent Dr. Stephan Vasel. Diese Kommentierungen griffen die problematischen Stellen auf, ordneten sie ein und luden zur kritischen Auseinandersetzung ein.

 

Die Veranstaltungsreihe wurde unter anderem vom Landschaftsverband Hameln-Pyrmont gefördert. Die nächsten Oratorienkonzerte der Hamelner Kantorei finden im November statt - weitere Infos folgen!